Sonntag, 28. Juni 2015

Trampwaterloo ins Glück


Dobar dan,

Hallelujah! Endlich wieder unterwegs, Rucksack gepackt, Geld gespart, Highway to hell – auf geht’s!

Der grobe Plan: Balkan bis Griechenland, Endstation Türkei. Die Idee: trampen & couchsurfen – alles was Geld spart, aber in Erlebnisse und Geschichten investiert. Der Enthusiasmus: riesig!

Und wie es nun mal so ist, ist Leben das, was passiert, wenn man Pläne macht und alles ganz anders kommt.

Eine Chronologie:



Dienstag, 16. Juni – Ziel: Ljubljana


Startpunkt Salzburg 11.30 Uhr
Die erste Mitfahrgelegenheit war, dank zahlreicher Kontakte, positiver Einstellung, Schicksal, Karma, Glück, Charme – nennt es wie auch immer ihr wollt –, sicher (danke Stefan nochmal!). Yay! Es war übrigens auch die einzige, für die ich in Kaffeeinheiten bezahlt habe, da es die einzige war, bei der ich überhaupt die Möglichkeit hatte das anzubieten. Doch zu dem Zeitpunkt war mir das Glück noch treu.


Raststätte Golling, ca. 12.30 Uhr.
20 Minuten Wartezeit, zweite Mitfahrgelegenheit. Sie war wegen eines Termins in Salzburg und hat mich „nur“ 50km weitergebracht, aber besser als Nichts!


Raststätte Eben im Pongau, ca. 13.30 Uhr
15 Minuten Wartezeit, dritte Fahrt. Ein slowenischer Truckfahrer, der leider am Autobahnkreuz Villach in eine andere Richtung abbog und mich kurz davor rausschmiss.

Raststätte Spittal an der Drau, ca. 15.30 Uhr
Wartezeit.. ich will nicht drüber reden. Natürlich muss man immer damit rechnen, dass man irgendwo stecken bleibt, aber Herrgott nochmal es hat geregnet, da rechnet man mit ein bisschen Mitleid. Ich stand da, ließ es regnen, hielt mein Schild hoch, Augenkontakt, lächeln – nichts. 15 Minuten vergingen, 45 Minuten, eine Stunde. Kurz rein, heiße Gulaschsuppe, wieder raus gestellt. Tiktak, Tiktak. „Ah, ein Truck mit Kennzeichen aus Ljubljana!“. Wwwwwhh. Und vorbeigefahren. Inzwischen war ich schon so verzweifelt und nass, dass ich Truck- und Autofahrer ansprach. „You're going to Ljubljana?“ - bisschen wie ein Inder gefühlt, der seine Rosen verticken will.

Irgendwann, nach 2,5 Stunden dann die Kapitulation. Wird wohl nichts. Doch was tun? Das Hostel war ja schon gebucht. Kurz gegoogelt wie ich weiterkomme, nach Spittal gerannt (3 km Fußweg von der Raststätte) um den Bus nach Villach zu erwischen, dort den Zug nach Ljubljana genommen. Ankunft 21 Uhr in Ljubljana. Glücklich, weil endlich da und müde, traurig, weil trampen geklappt hat als gedacht.
Ljubljana
In wenigen Worten: Ähnlich wie Salzburg, super Spot um ganz Slowenien zu erkunden (alles maximal eine Stunde weg)

 
Altstadt Ljubljana

/ Old Town Ljubljana

Freilichttheater

/ open-air theatre

berühmte Drachenbrücke

/ famous dragon bridge

Ljubljana bei Nacht

/ Ljubljana at nigh

Janneke, die ich im Hostel getroffen habe, und ich auf dem Weg zu den Postojna-Höhlen

Janneke who I've met in the hostel and me on the way to the Postojna Caves

Postojna




 

Freitag, 19. Juni – Ziel: Zagreb

Nahe der Autobahnauffahrt, 10.30 Uhr.
Laut hitchwiki.org sollte hier am Ende der Stadt ein guter Startpunkt zum Trampen sein. Als ich ankam schien sich das zu bestätigen: Die Kreuzung mit der Autobahnauffahrt in Sichtweite, Bushaltestelle und Ampel kurz davor, d.h.eine gute Stelle um früh gesehen zu werden und anhalten zu können.

10.31 Uhr: Erstes Auto fährt vorbei, Fahrer erwidert meinen Blick, lächelt und zuckt entschuldigend mit den Schultern: „Sorry, geht leider nicht.“ Gleich danach der zweite, zeigt an dass er geradeaus statt links Richtung Autobahn muss. Gleich am Anfang zwei solche Reaktionen anstatt direkt weiterzufahren, locker! Die Hoffnung lebt! Heute klappt es!

11 Uhr: Nichts.

11.15 Uhr: Kopfhörer ausgepackt, Musik an – man will sich ja bei Laune halten.

11.35 Uhr: Apfel gegessen.

11.38 Uhr: Es fängt an leicht zu regnen.

11.45 Uhr: Ein Auto wird langsamer, ich schaue rein und sehe drei Jungs drin sitzen, die sich mir zuwenden und mich anschauen. Sie kommen fast zum Stillstand bis der Fahrer auf's Gaspedal drückt und alle lachen. Arschloch!

11.53 Uhr: Der Regen wird stärker.

12.10 Uhr: Erste Ursachenanalyse, warum ich nicht mitgenommen werde.

12.35 Uhr: Umfangreiche, ganzheitliche und erschöpfende Ursachenanalyse abgeschlossen, bereit um empirisch validiert zu werden. 
Ein Auszug:

  • schlechter Zeitpunkt
    (z.B.nur wenige fahren in Richtung Kroatien, Feierabendverkehr noch nicht eingesetzt etc.)
  • keine Kapazitäten
    (z.B. keine Zeit, kein Platz etc.)
  • schlechter Ort
    (z.B. meisten Autos reihen sich vorzeitig auf die linke Spur ein und sehen mich so zu spät)
  • Trampen ist in Slowenien nicht üblich
  • Angst um Inneneinrichtung des Autos
    (ein begossener Pudel macht sich generell nicht gut)
  • Angst vor religiös motivierter Handlung
    (Pah, dieser verdammte Terrorist! Rasier dich mal!)
  • Überlebensangst
    (der versteckt bestimmt Waffen unter seinem Bart!)

  • Vermeidung von Situationen sozialer Inkompetenz
    (Der sieht nicht slowenisch aus, fuck, dann muss ich Englisch reden - nope!)
  • Angst vor politischer Abschiebung
    („Wenn ich den mitnehme, unterstütze ich ihn sich der ISIS anzuschließen, womit ich mich womöglich selbst verdächtig mache!“)
  • etc.
(Man sieht also: Alles Dinge, an denen ich nichts ändern kann – und Bart ab ist keine Option)

12.50 Uhr: „Ganz ehrlich, keinen Bock mehr!“

13.12 Uhr: Kapitulation erstmals denkbar.

13.23 Uhr: der Regen wird stärker

13.45 Uhr: Bus nach Zagreb genommen (Kapitulation)





Zagreb

In wenigen Worten: Interessante Stadt, die gerade am Kommen ist & zahlreiche Sehenswürdigkeiten hat.
 
Kroatisches Nationaltheater

/ Croatian National Theatre



Globaler Humor: anderes Land, gleiche Witze :D

/ Different country, same jokes :D


Universität

/ University of Zagreb

Zagreb Zentrum

/ Centre of Zagreb

Asiaten in ihrem Element :D

/ Asians will be asians :D

Maria Statue vor dem Dom
/ Maria statue in front of the dome






Sonntag, 21. Juni – Ziel: Belgrad

Das Motto: Aller guten Dinge sind drei.

Ikea, nahe der Mautstelle, 10.30 Uhr.
Hitchwiki hat mir den goldenen Tipp gegegen nicht in der Nähe der Autobahnauffahrt zu warten, was einige trotzdem getan haben und dort Glück hatten, sondern zu einem besseren Spot zu fahren. Dieser befand sich an einer Mautstelle, die sich 3 km weiter auf der Autobahn befand. Dazu müsste man den Bus nehmen, der bis zum Ikea fährt (und sonntags tatsächlich offen hatte). Gesagt getan. 

Die Straße, die dann zur Mautstelle führte, war natürlich nicht für Fußgänger ausgelegt, aber es herrschte nicht viel Verkehr. Als ich auf das Schild Richtung Autobahnauffahrt zulief, wurde ich schon etwas skeptisch. Ein Blick auf die Autobahn gab mir weitere Anzeichen, denn die Autos schienen mit gleichmäßigem Tempo durch die vermeintliche Mautstelle zu fahren. Als ich dann endlich einen Blick unter die Brücke werfen konnte, die quer über die Autobahn führte und unter der ich die Mautstelle vermutete, dann Gewissheit: Die Mautstelle gab es nicht (mehr). Super. Auf Hitchwiki hat das auch jemand als vorletzten Beitrag angemerkt, darauf antwortete dann aber jemand, dass er von dort aus Glück hatte. Traumhaft.

Auf die Autobahn wollte ich nicht, weil zu gefährlich und sowieso niemand anhalten würde. Also hieß es zurückstiefeln. Zum Bus, der erst 1,5 Stunden später kam, 20 Minuten Fahrt, dann ausgestiegen, 10 Minuten gelaufen, et voilà: Ich befand mich gegen 13 Uhr in der Nähe der Autobahnauffahrt – die Stelle war ok, der Verkehr zwar schnell aber eine Tankstelle mit Haltemöglichkeit gleich hinter mir. Die Laune war nicht gerade auf dem Höhepunkt.

Ich wartete. Und wartete. Und erspare euch jetzt mal den genauen Ablauf. Gegen 14.15 Uhr aber klopfte mir jemand an die Schulter, fragte mich wie ich hieß und verwickelte mich in ein Gespräch. 




[Einfach runterscrollen ;-) ]


















[Spannungsfreiraum]



















[„Boom! Die Show beginnt, die ganze Halle schwimmt im Bass“]

















[Spannung künstlich gesteigert]
















[„Du denkst du kriegst ein Kind, alles was du über uns gehört hast stimmt!"]

















Tomislav, ich, Adrijan

Tomislav kommt aus Karlovac, Kroatien, und wollte seinen alten Freund Adrijan in Nova Gradiska besuchen, was in Richtung der serbischen Grenze liegt. Nach ein paar Minuten hat er mich spontan eingeladen mitzukommen, wir könnten ja zusammen hintrampen. Um ehrlich zu sein war es mir klar, dass uns niemand mitnimmt, denn wer nimmt schon zwei Kerle mit, wenn er nicht mal einen mitnimmt? Aber gut, wir haben es probiert, gegen 16 Uhr die Segel gestrichen und den Zug um 18.40 Uhr genommen. 

Gegen 21 Uhr waren wir dann in Nova Gradiska, gegessen, getrunken & bis tief in die Nacht über alles mögliche gequatscht.





i
"Oh happy day..!"

Nur einen Katzensprung entfernt :D .. Mal ehrlich, du bist irgendwo in Kroatien dann dieses Schild :D #köstlich

/ so random :D .. sign telling the directions to Herzogenaurach (city where the headquarters of Adidas and Puma are)

Sonne genießen #diesdas

/ enjoying the sun!

Das tägliche Brot im Kanal erfischen

/ random guy fishing in a canal



Nach Belgrad zu trampen habe ich gar nicht probiert, da in Nova Gradiska zu wenig los war, und habe stattdessen den Zug genommen.


Belgrad
In wenigen Worten: Im Vergleich zu anderen Städten weniger typische Sehenswürdigkeiten, aber insbesondere im historischen Licht interessant (insgesamt über 40 Mal von Kriegen zerstört & wieder aufgebaut). Und man kann gut feiern!
Worst place ever :D (leider nicht probiert)


Berühmte Pančevo-Brücke.
Fun-Fact: Die Brücke war und ist sehr wichtig für die Stadt, weil sie Alt- & Neustadt miteinander verbindet und die meisten Menschen über die Brücke zu Arbeit und Freunden müssen. Als die Nachricht um ging, dass die NATO die Brücke 1999 zerbomben will (Kosovo-Konflikt) haben hunderte Menschen wochenlang auf der Brücke verbracht und dadurch die Zerbombung verhindert. Seitdem ist die Brücke auch als "Partybrücke" bekannt, weil die Zeit vertrieb.

/ Famous Pančevo-Bridge

Fun fact: The bridge has been of major importance as many locals use it to go to work or visit friends. When the NATO disclosed that the bridge is going to be bomb (Kosovo-conflict, 1999) hundreds of people stayed on the bridge for weeks. As a result, the NATO couldn't bomb it. Since then the bridge has been known as the "party bridge" because .. well, there was nothing else to do back then.

christlich orthodoxer Dom des Hl.Sava

/ Temple of Saint Sava

Im Partyviertel (Zigeunerviertel): wenn man sich nach einer harten Nacht nicht auskennt, hilft einem dieses Schild Erde von Himmel (Moon) zu unterscheiden :D

/ In the party district (Bohemian quarter): this sign helps you if you have lost direction after a tough party night (look for 'moon') :D

Festung

/ Fortress

Blick vom Turm in Zemun (abgelegenes Viertel, das für den Hafen & die spezielle Architektur bekannt ist)

/ View from the tower of Zemun (remote quarter of the Belgrade which is famous for the harbour & different architectural style)

gleicher Turm aber Blick auf Belgrad & die Festung

/ same tower, different view: Belgrade & the fortress







Als ich dann vorgestern von Belgrad nach Sarajevo wollte und der Hostelbesitzerin mitteilte, dass ich versuchen wollte zu trampen, war die Reaktion ungefähr so: „TU ES NICHT!“ Nachdem sie mir 10 Minuten erklärt hat wieso (niemand
wird anhalten, es ist nicht üblich, die Strecke ist schlecht ausgebaut etc.), entschied ich mich den Kaffee, den sie mir angeboten hat, anzunehmen und so unterhielten wir uns, d.h. sie inklusive einer Freundin von ihr, Mutter und Oma (in dem Hostel lebt die ganze Familie), über drei Stunden und ich nahm den Bus um 16 Uhr nach Sarajevo - so kann's gehen. Geplante Ankunft war um 0 Uhr in Sarajevo – und dass obwohl Sarajevo nur 300 km von Belgrad entfernt ist!

Couchsurfing-technisch hat ähnlich wie beim Trampen nichts bis gar nichts funktioniert. Ich habe viele angeschrieben (man kann entweder per Formular anfragen, ob Platz auf einer Couch ist, oder eine Nachricht schreiben), aber die meisten haben die Anfrage abgelehnt. Einige wenige zurückgeschrieben, dass sie nicht da sind oder schon Gäste haben und andere, dass sie bereit wären sich auf einen Kaffee oder Bier zu treffen, aber das hat sich auch immer irgendwie zerschlagen

Fazit: Trampen & Couchsurfen - bis jetzt gar nicht so einfach. Aber... obwohl selbst wenn auch da alles gegen einen #läuft, ist auf den Reisegott immernoch Verlass :)!



(Aber ich werde es auf jedenfall weiterprobieren ;) )

Abschließend noch die Bilder aus Sarajevo:

Sarajevo in wenigen Worten: klein, schnuckelig, multi-kulti. Wird auch das kleine Jerusalem genannt, weil Muslime, Juden und Christen auf engstem Raum zusammenleben.

 
Diskussion: Alter Mann, der die Tauben füttert vs. kleines Mädchen, das die Tauben jagt

/ Discussion: old man who's feeding the pigeons vs. little girl which chases them




Muslimisches Viertel

/ Muslim Quarter


Lateinische Brücke: Ort, an dem Franz Ferdinand ermordet wurde

/ Latin bridge, where Franz Ferdinand was assassinated

Moschee

/ Mosque


Einschusslöcher aus den Kriegen

/ Bullet holes from the wars

Nicht alles glänzt

/ there are some fucked up buildings as well


Ewige Flamme für die Opfer des 2.Weltkriegs

/ Eternal flame for the victims of World War II



Bis demnächst & do videnja!

1 Kommentar:

  1. Sarajevo sieht so aus also ob ich da auch mal hin sollte. Viel Erfolg weiterhin! Klappt ja ganz gut bisher haha

    AntwortenLöschen