Eigentlich wollte ich erst
nächste Woche einen Blogeintrag schreiben. Einen, der die geballte
malerische Schönheit des Balkans zeigt, inklusive Bergpanoramen,
Sonnenuntergängen, Stränden etc - die volle Dröhnung eben. Und
eigentlich schreibe ich auch keine Blogeinträge über einzelne Tage,
insbesondere nicht am selben Tag wie es sich zugetragen hat. Aber
heute... hach, ich glaube ich werde zu alt für den Scheiß. Dieser
handelt von Chaos, Missverständnissen, unglaublicher Freundlichkeit
und dem König Zufall.
Eigentlich war nämlich
eine Tagestour geplant. Momentan bin ich in Shkoder, Albanien, von wo
aus eine Tour zum Lake Koman, der wunderschön in den Bergen liegt,
geplant war: Morgens um 6 Uhr aufstehen, Bus zum See, Fähre, kurz
umschauen, Fähre zurück. Easy peasy, 20€ - so weit, so prächtig.
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Lake Koman |
Vor Ort die erste
Überraschung: Die Gruppe, mit der ich diese Tour zusammen machen
sollte, hatte nicht wirklich vor mit der Fähre zurück zu fahren,
sondern wollte stattdessen in den Bergen übernachten um dort zu
wandern. Auch der Guide, der wie ich dachte uns ein paar Infos geben
und uns begleiten würde, entpuppte sich als Busfahrer. An und für
sich kein Problem, doch als ich ihn fragte, wann denn die Fähre
zurückfährt, meinte er: „Gar nicht. Die nächste fährt erst
morgen um 13 Uhr.“ Das war schon ein Problem, denn außer ca.30€,
Handy und Kamera hatte ich nichts dabei. Die Logik: Es ist eine
Tagestour, ich komme wieder zurück, mit Guide und extra
reserviertem Bus – wozu unnötig Zeug mitschleppen, wer weiß was
unterwegs passiert?
Was folgte war eine 10- bis
15-minütige Diskussion, was ich jetzt tun könnte. Der „Guide“
schlug vor, dass ich in einem Hotel übernachte. Dazu hatte ich zu
wenig Geld und nicht die passende Kleidung (war so 15° Grad, mega
windig). „Don't worry about it.“ („Mach dir keinen Kopf“) -
sollte ich noch öfter hören. Hotel sei schon bezahlt (vom Chef
scheinbar) und am nächsten Tag kann ich einfach die Fähre
zurücknehmen. Problem: Es war keiner auf dem Boot dabei, an den ich
mich hätte wenden können, weswegen sich das alles nach leeren
Versprechen angehört hat. Als ich dann meinte, dass ich lieber den
Bus zurücknehmen würde und das Bootsticket zurückgeben würde, war
er nicht ganz so begeistert und hat mir eine private Bootstour
angeboten (hörte sich nach teuer an, deswegen habe ich das
abgelehnt).
Ende vom Lied: Es hat
angefangen zu regnen, alle im Boot warteten auf mich, er hat nochmal
seinen Chef angerufen, es bestätigt, dass ich im Hotel schlafen
könnte.. also bin ich mit. Aber eigentlich hatte ich keinen Bock
dort eine Nacht zu bleiben, insbesondere weil mein ganzes Zeug noch
in Shkoder war. Deswegen würde wandern z.B. auch flach fallen. Aber
gut: „No worries.“
Die Fahrt war echt schön,
genießen konnte ich es aber nicht wirklich. Dort angekommen, stellte
ich fest, dass eine gut ausgebaute Straße zurück nach Shkoder
führte. Also nahm ich mir vor einen Bus von irgendeinen größeren
Dörfer zu nehmen, was auch tatsächlich ging.
Mega erleichtert saß ich
dann im kleinen Minibus, genoss die Aussicht, alles super. Bis der
Fahrer sich an mich wandte, ich aber keinen Ton verstand. Zum Glück
konnte einer der anderen Mitfahrer Englisch und fragte mich
rhetorisch, ob ich meinen Pass dabei hätte. De döm. Mir rutschte
das Herz in die Hosentasche – ich muss wohl ziemlich geschockt
drein geschaut haben – und verneinte.
Kurze Stille.
Ich fragte, wozu ich ihn
den bräuchte (dumme Frage). - „Wir fahren über den Kosovo“.
„WAS?!“ (das war wohl
der Moment, in dem meine Augen leicht herausgesprungen sind) - „Ja,
der Weg ist zwar ein bisschen länger, geht aber schneller, weil es
eine Autobahn ist.“
…..
„Was jetzt?!!“, fragte
ich dann. Momente des Erstaunens und Unglaubens vergingen. Verdutzte
Blicke wurden zwischen den anderen Mitfahrern (alles Albaner)
ausgetauscht. - „Ach, dann zahlst du einfach 10€ mehr für die
Fahrt und gibst dem Typen an der Grenze ein kleines Trinkgeld“, die
lapidare Antwort.
„Und wie zum Teufel mache
ich das genau?“, brachte ich nur hervor. - „Ach, das machen wir
schon.“
Alles klar.
Na gut, umkehren war keine
Option (weder für mich, noch für die anderen), also hieß es
Augen zu und durch. Und eigentlich war ich ziemlich ruhig. Nervös
wurde ich erst direkt an der Grenze, nur scheinbar war es meine
vorherige Reaktion, die den einzigen, der des Englisch mächtig war,
dazu veranlasste mit mir ein bisschen mehr zu quatschen. „No
worries.“
Ach ja, wir mussten die
Grenze zweimal durchqueren – klar, einmal in den Kosovo und dann
vom Kosovo nach Albanien zurück. Aber erst bei der zweiten
Überquerung kam es zu einer etwas längeren Wartezeit. Es ist
ungefähr so wie vor einem wichtigen Vortrag, man versucht sich zu
beruhigen, ruhig zu agieren, damit das sich auf den Geist überträgt.
Gefeiert habe ich es trotzdem als wir dann weiterfuhren. Im Endeffekt
blieben wir alle im Bus sitzen und durchgecheckt haben sich mich auch
nichts (gab ja theoretisch auch nichts, was durchzuschauen wäre).
HA! - Und ich dachte die
Grenze zu Fuß zu überqueren hätte was! Aber das! Ich war happy.
Weiß nicht, ob ich es
schon erwähnt habe, aber wir fuhren übrigens nicht direkt nach
Shkoder, sondern nach Tirana (ca. 100km entfernt, dauert aber wegen
der Straße deutlich länger). Der Englischsprachige hieß übrigens
Petri, kam aus Tirana, wollte es sich nicht ausreden lassen mich
während einer Pause (nach der Grenze) auf einen Kaffee einzuladen
und war mitsamt seinem Schwager und dessen Bruder mega freundlich.
An der Kreuzung, an der es
links nach Tirana und rechts nach Shkoder ging, hielt der Bus dann
an, woraufhin Petri meinte, dass er mir einen Bus anhält. Was bitte?
Ganz einfach: Man steht an der Straße, winkt einem Minibusfahrer zu,
der hält an und man fährt für 5€ nach Shkoder. Insgesamt waren aber ausnahmslos alle Albaner mega freundlich und hilfsbereit, auch wenn das mit dem Englisch meistens hapert.
Also Ende gut alles gut.
Den Reisenden bleibt das Glück wie immer hold. Nur in Zukunft könnte
ich gerne auf diese Erfahrungen verzichten. Bin auch nicht mehr der
Jüngste ;).
Bis zum nächsten Mal - dann hoffentlich mit einer Liebeserklärung an den Balkan ;)